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OVERTOURISM VENICE

Die Erfolgsgeschichte des modernen Tourismus erinnert ein wenig an König Midas aus der griechischen Sage. Aufgrund seiner treuen Dienste gegenüber Dionysos gewährte dieser ihm einen Wunsch. Und so sprach Midas: 

„Erhabener Gott, wenn ich wählen darf, so lass alles, was ich berühre, zu Gold werden.“

König Midas / Griechische Sage

Blickt man auf die Entwicklung der Reisebranche zu Beginn des 21. Jahrhunderts, so scheint sich die griechische Sage in einem neuen Gewand zu präsentieren. Das Internet ermöglicht fast allen Menschen, dem Ort ihrer Träume zunächst einen virtuellen Besuch abzustatten. Und etliche Reiseplattformen stehen in einem ungezähmten Wettkampf, um den Konsumenten erschwinglichen Preise für Transport, Unterkunft und Logis anbieten zu können. Das Luxusgut Reise ist zum Markt für Schnäppchenjäger mutiert.

„Chaos auf den Flughäfen, überfüllte Zielort: Die Reisebranche scheint an ihrem eigenen Erfolg zu ersticken. Doch Globalisierung und Digitalisierung heizen den Boom weiter an – zum Ärger vieler Einheimischer.“

Der Spiegel / 11.08.2018)

Die Folgen lassen sich insbesondere an Touristenhochburgen rund um die Welt beobachten. In Europa war insbesondere Venedig schon immer ein Sehnsuchtsziel von Reisenden und Romantikern. Konnten in den vergangenen Jahrhunderten nur Wohlbetuchte eine Reise in die Lagunenstadt unternehmen, so wird Venedig heute während der Hochsaison von ungezählten Touristen geflutet. Neben den Plattformen und Vermarktern im Internet profitiert insbesondere die lokale Hotel- und Gastronomiebranche von dieser Entwicklung. Wie bei König Midas scheint sich alles in Gold zu verwandeln, was von der Tourismusbranche berührt wird.

„Das Geschäft mit den Reisen ist der wohl wichtigste Wirtschaftszweig der Welt, weit größer als die Ölindustrie oder die Automobilbranche, sein Volumen wird auf rund 7000 Milliarden Euro im Jahr geschätzt – das sind zehn Prozent der Weltwirtschaftsleistung.“

Der Spiegel / 11.08.2018

Venedig ist auf dem besten Weg, sich in ein historisches Disneyland für Tagestouristen zu verwandeln. In den sechs Sestieri des historischen Zentrum wohnen circa 60.000 Menschen. An einigen Tagen im Sommer besuchen aber bis zu 80.000 Menschen die Lagunenstadt. Das Lebensgefühl der Venezianer und die einheimische Kultur werden sprichwörtlich weggeschwemmt. Zudem hat der Tourismusboom auch massive Folgen auf die Immobilienpreise, die immer weiter steigen. Immer höhere Mieten führen dazu, dass sich lokale Handwerker und Einheimische das Leben in ihrer eigenen Stadt nicht mehr leisten können. Infolgedessen kehren sie ihrer Heimat den Rücken und ziehen aufs Festland.

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„Der Tourismus zerstört, was er sucht, indem er es findet.“

Hans Magnus Enzensberger / Schriftsteller

In der Sage erfreute sich König Midas an seinen neuen Fähigkeiten. Jeder Zweig, jeder Stein und selbst das Wasser verwandelten sich in seinen Händen zu Gold. Wie bekannt war die Freude aber nur von kurzer Dauer. Nachdem sich auch Brot, Braten und Wein in Gold verwandelt hatten, bat er Dionysos, das todbringende Geschenk zurückzunehmen. 

Ob eine ähnliche Entwicklung in Venedig ebenfalls möglich ist, wissen nur die Götter. Die Dokumentation Overtourism wagt einen Ausblick darauf, wie die UNESCO Welterbestadt ohne die goldigen Aussichten der Tourismusbranche aussähe und stellt beide Szenarien gegenüber.

GALERIE

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ENGLISH VERSION

The success story of modern tourism is somewhat reminiscent of King Midas from Greek mythology. Because of his faithful service to Dionysus, he granted him a wish. And so Midas said:

 

"Exalted god, if I may choose, let everything I touch turn to gold."

If one looks at the development of the travel industry at the beginning of the 21st century, the Greek legend seems to present itself in a new guise. The Internet enables almost everyone to pay a virtual visit to the place of their dreams. And several travel platforms are in untamed competition to offer consumers affordable prices for transport, accommodation and lodging. The luxury good travel has mutated into a market for bargain hunters.

"Chaos at the airports, crowded destinations: the travel industry seems to be choking on its own success. But globalization and digitalization continue to fuel the boom - to the annoyance of many locals." (Spiegel / 11.08.2018)

The consequences can be observed especially in tourist strongholds around the world. In Europe, Venice in particular has always been a destination of longing for travellers and romantics. While in the past centuries, only well-to-do people could travel to the lagoon city, Venice is flooded by countless tourists during the high season. In addition to the platforms and marketers on the Internet, the local hotel and catering industry in particular is profiting from this development. Like King Midas, everything that is touched by the tourism industry seems to turn into gold.

"The travel business is probably the most important economic sector in the world, far larger than the oil industry or the automobile industry, its volume is estimated at around 7000 billion euros per year - that is ten percent of the world's economic output". (Spiegel / 11.08.2018)

Venice is well on the way to becoming a historic Disneyland for day tourists. About 60,000 people live in the six sestieri of the historic centre. On some days in summer, however, up to 80,000 people visit the lagoon city. The Venetian way of life and the local culture are literally washed away. In addition, the tourism boom also has massive consequences on the real estate prices, which continue to rise. Ever higher rents mean that local craftsmen and locals can no longer afford to live in their own town. As a result, they turn their backs on their homeland and move to the mainland.

"Tourism destroys what it seeks by finding it." (Hans Magnus Enzensberger)

King Midas enjoyed his new abilities. Every branch, every stone and even the water turned into gold in his hands. As is well known, the joy was short-lived. After bread, roast and wine had also turned into gold, he asked Dionysus to take back the deadly gift. 

Only the gods know whether a similar development is also possible in Venice. The documentary Overtourism dares to take a look at what the UNESCO World Heritage City would look like without the hustle and bustle and contrasts both scenarios.

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