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iCRIME GERMANY

Internet related crime, kurz iCrime, ist bislang keine offizielle wissenschaftliche Bezeichnung. Icrime beschäftigt sich mit der Rolle, welche die Internetnutzung bei kriminellen Delikten einnimmt. Es ist überaus schwierig zu sagen, ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen der Nutzung des Internets auf der einen Seite, und Beleidigungen, Bedrohungen oder Morden auf der anderen Seite gibt. Grundsätzlich sollten Regeln und Gesetze einer zivilisierten Gesellschaft sich auch in der Nutzung des World Wide Web widerspiegeln. Die Wirklichkeit bietet aber ein differenziertes Bild.

Während viele Erfindungen des digitalen Zeitalters den Menschen nutzen oder ihnen zumindest Unterhaltung im positiven Sinne bescheren, gibt es auch eine dunkle Seite des Internets. Oftmals bilden verbale Beleidigungen oder Bedrohungen in den sogenannten sozialen Netzwerken den Beginn einer verhängnisvollen Entwicklung. 

„Es hilft, sich Sprache als ein Spektrum vorzustellen. Die Wahrscheinlichkeit, das sie zu Gewalt führt, kann man auf einer Skala abbilden, von niedrig bis sehr hoch. Das Problem ist: Wenn eine nur leicht gefährliche Sprache sozial akzeptabler wird, dann wird auch jene Sprache gebräuchlicher, die eine Stufe gefährlicher ist. Das ist wie eine Reihe von Dominosteinen: Wenn der eine fällt, kippt der nächste. Die Hürden zur Gewalt fallen schrittweise.“

Professorin Susan Bensch / Dangerous Speech Project 

Das Internet spiegelt die ganze Vielfalt unserer Gesellschaft wieder, im Guten wie im Schlechten. Einer breiten Öffentlichkeit trat dies erstmals ins Bewusstsein, als Armin Meiwes per Internet einen Freiwilligen suchte, fand, tötete und verspeisen wollte. Dieser Fall von Kannibalismus gab einen ersten Hinweis auf die Abgründe der menschlichen Seele und die unbegrenzten, aber auch verstörenden Möglichkeiten des Internets.

Der Fall des sogenannten Kannibalen von Rotenburg ereignete sich im März 2001. In den folgenden Jahren haben sich die technischen Möglichkeiten permanent weiterentwickelt. In den Jahren 2018 und 2019 benutzten die Attentäter von Christchurch und Halle handelsübliche Actionkameras, um ihre Verbrechen live zu streamen und somit gegenüber der Weltöffentlichkeit ein fragwürdiges Zeugnis abzuliefern. In Neuseeland ermordete der Attentäter Brenton T. 51 Menschen. Das Geschehen konnte in knapp 17 Minuten von Jugendlichen und Erwachsenen rund um den Globus verfolgt werden. In Halle ermordete der Attentäter Stephan B. am jüdischen Feiertag Jom Kippur drei Menschen und dokumentierte das Geschehen ebenfalls mit seiner Helmkamera. Per Livestream auf dem Internetportal Twitch konnten User dem Attentäter 36 Minuten bei seinen mörderischen Taten folgen.

„Um sich zu radikalisieren und Anschlagspläne zu entwickeln bedarf es offenbar keiner tiefen Ideologie mehr. Da reichen Emotion, Hass, Hetze, dieses Sich-Aufpeitschen im Netz, dieses Zusammenkommen von Menschen, die aufgrund sehr einfacher Botschaften, manchmal versehen mit Fake News, zu so einem Weltbild kommen und meinten, sie müssten jetzt losschlagen.“

Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang

Zwischen dem Kannibalen von Rotenburg und dem Attentäter aus Halle liegen nicht nur viele Jahre, sondern auch zahlreiche weitere Verbrechen, bei denen die Nutzung des Werkzeugs Internet eine begleitende oder vielleicht auch massgebliche Rolle gespielt haben. Die Liste ist lang und startet bei Stimmungsmache im Netz, Mobbing, Beleidigungen und Bedrohungen von Minderheiten, führt über internationale Kinderpornografienetze, den Verkauf von Drogen oder Waffen im Darknet, seltenen Formen von Kannibalismus, hin zu Morden an Menschen aus unserer Mitte.

Am 14.10.2015 sorgte ein Informationsabend zum Thema Flüchtlingsunterkünfte im Bürgerhaus Lohfelden für Aufsehen. Nordhessens Regierungspräsident Lübcke, der immer wieder von Störern unterbrochen und beleidigt wurde, setzte sich leidenschaftlich für die Werte in seiner Region und seinem Heimatland ein.

„Da muss man für Werte eintreten. Und wer diese Werte nicht vertritt, kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen“.

Das sorgte bei einigen im Saal für Empörung. Seit diesem Zeitpunkt begleiteten Beleidigungen und Drohungen, per Mail oder im Netz, den nordhessischen Regierungspräsidenten. 

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Bereits 2016 zeigte sich der damalige Spiegel Redakteur Jan Fleischhauer über den allgemeinen Umgang im Internet besorgt:

„Auf Facebook ist alles möglich. Man kann die Kanzlerin an den Galgen wünschen oder Abgeordneten drohen, dass man sie und ihre Kinder töten werde. Man kann Andersdenkende als „Zecken“, „Läuse“, „Müll“ und „Abfall“ beschimpfen und sich ausmalen, wie man den „Müll“ dann in der Grube entsorgt.“

Am 2. Juni 2019 wurde Walter Lübcke auf seiner Terrasse im heimischen Wolfhagen erschossen.

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GALERIE

ENGLISH VERSION

Internet related crime, or iCrime for short, is not yet an official scientific term. Icrime is concerned with the role that Internet use plays in criminal offences. It is extremely difficult to say whether there is a causal link between Internet use on the one hand and insults, threats or murders on the other. In principle, rules and laws of a civilised society should also be reflected in the use of the World Wide Web. However, reality offers a differentiated picture. While many inventions of the digital age benefit people or at least provide them with entertainment in a positive sense, there is also a dark side to the Internet. Often verbal insults or threats in the so-called social networks are the beginning of a disastrous development. 

 

"It helps to think of language as a spectrum. The probability that it leads to violence can be depicted on a scale from low to very high. The problem is that if a language that is only slightly dangerous becomes socially more acceptable, then the language that is one level more dangerous becomes more common. This is like a series of dominoes: When one falls, the next one topples. The barriers to violence gradually fall."

Professor Susan Bensch of the Dangerous Speech Project 

 

The Internet reflects the whole diversity of our society, for better or worse. A broad public first became aware of this when Armin Meiwes searched for, found, killed and wanted to eat a volunteer via the Internet. This case of cannibalism gave a first indication of the abysses of the human soul and the unlimited, but also disturbing possibilities of the Internet.

 

The case of the so-called cannibal of Rotenburg occurred in March 2001, and in the following years the technical possibilities have permanently developed. In the years 2018 and 2019 the assassins of Christchurch and Halle used standard action cameras to stream their crimes live and thus give a questionable testimony to the world public. In New Zealand the assassin Brenton T. murdered 51 people. The events could be followed by young people and adults around the globe in just under 17 minutes. In Halle, the assassin Stephan B. murdered three people on the Jewish holiday Yom Kippur and also documented the events with his helmet camera. Via livestream on the Internet portal Twitch, users were able to follow the assassin's murderous deeds for 36 minutes.

 

"To radicalize and develop plans for attacks, it seems there is no longer any need for a deep ideology. There is enough emotion, hate, agitation, this whipping up of the net, this coming together of people who, on the basis of very simple messages, sometimes accompanied by fake news, come to such a world view and thought they had to strike now.

President of the Office for the Protection of the Constitution Thomas Haldenwang in Spiegel No. 43 of 19.10.2019

 

Between the cannibal from Rotenburg and the assassin from Halle lie not only many years, but also numerous other crimes in which the use of the Internet as a tool has played an accompanying or perhaps even decisive role. The list is long and starts with the creation of public opinion on the net, bullying, insults and threats against minorities, continues with international child pornography networks, the sale of drugs or weapons in darknet, rare forms of cannibalism, and ends with the murder of people from our midst.

On 14.10.2015 an information evening on the subject of refugee accommodation in the Lohfelden community centre caused a stir. North Hesse's District President Lübcke, who was repeatedly interrupted and insulted by troublemakers, passionately advocated the values in his region and his home country. His statement "You have to stand up for values. And anyone who does not stand up for these values can leave this country at any time if he does not agree. That is the freedom of every German". 

caused outrage among some in the hall. Since then, insults and threats, by e-mail or on the net, have accompanied the North Hessian District President. 

 

As early as 2016, the then Spiegel editor Jan Fleischhauer expressed his concern about the general way of dealing with the Internet: "On Facebook, anything is possible. You can wish the chancellor on the gallows or threaten members of parliament with the threat that they will be killed and their children. You can call people who think differently "ticks", "lice", "garbage" and "trash" and imagine how to dispose of the "trash" in the pit."

 

Walter Lübcke was shot on 2 June 2019, on his home terrace in Wolfhagen by the suspected perpetrator Stephan E.

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